In den letzten Wochen sah es – einmal mehr – in vielen Reparaturbetrieben trostlos aus.
Jeder Fachmann weiss es: Ab den Skiferien bis zum Frühlingsbeginn ist es mager mit Auftragseingängen. Wer nicht genügend Reserve hat, liegt schnell trocken. Doch dieses Jahr scheint es in etlichen Betrieben noch schlimmer gewesen zu sein.
Der kontinuierliche Rückgang des Schadenvolumens ist mittlerweile in den Köpfen (fast) aller Fachleute angekommen. Neu wird dieser natürliche und logische Rückgang jedoch noch künstlich aufgebläht. Der Trick heisst «kommerzieller Totalschaden».
Die Sache ist einfach: In vielen motorisiert eher unterentwickelten Ländern herrscht ein grosser Bedarf an Autos. Parallel dazu betragen die Lohnkosten in exakt diesen Ländern nur einen Bruchteil der Lohnkosten der Schweiz.
Für beschädigte Automobile werden in diesen Ländern Beträge bezahlt, welche keinerlei Relation zum schweizerischen Marktwert aufweisen. Branchenkenner munkeln sogar, dass die eingesetzten Gelder für den Kauf dieser Fahrzeuge auch nicht zwingend im offiziellen Wirtschaftskreislauf generiert werden sein müssen.
Es gibt Versicherungen, welche das Modell "Künstlicher Totalschaden" zwecks Gewinnoptimierung fördern. Dabei wird das durchaus systematisch praktiziert und die Mitarbeiter sind angehalten, Erledigungen auf kommerzieller Totalschadenbasis anzustreben. Geschädigte Automobilisten werden dazu gedrängt, auf eine Reparatur zu verzichten. Und das auch, wenn die Reparaturkosten unter dem Zeitwert, dem juristisch korrekten Totalschaden-Grenzwert, liegen.
Ich habe mal etwas in meinem Archiv gewühlt. Und ich fand eine Powerpoint Präsentation, auf der ich exakt dieses Vorgehen als mögliche Gefahr der Schadensteuerung aufgezeigt habe. Die Folie ist 18 Jahre alt und entstand in der „Gründerzeit" der Schadensteuerung.
Damit wir uns richtig verstehen: Es ist absolut nicht meine Meinung, dass man Wasser in den Rhein tragen muss. Eine Reparatur macht in der Tat nicht immer Sinn. Wenn der Kunde eh schon einen Wechsel ins Auge gefasst hat, kann der Schaden der beste Zeitpunkt dazu sein. Dass wir Reparateure interessiert sind, Fahrzeuge zu reparieren, liegt in der Natur der Sache. Doch kein seriöser Reparateur wird nur um des Profites wegen versuchen, den Kunden zu einer Reparatur zu überreden. Viel mehr wird er auf seine Wünsche und seine Bedürfnisse eingehen, ihn optimal beraten und ihm dabei behilflich sein, zu seinem Recht zu kommen.
Selbstredend besteht diese Möglichkeit bei Betrieben, welche in der Schadensteuerung als Subunternehmer der Versicherung agieren, nicht. Mein Mitleid über eine schlechte Auslastung der Versicherungsvertragsbetriebe hält sich daher in Grenzen.