In Gesprächen mit Kollegen erfährt man immer Interessantes. Dass sich viele Betriebe kaum noch an einen komplexen Schaden getrauen, höre ich öfters. Einige haben Angst vor dem Ersatz einer Seitenwand! In der Folge versuchen sie alles Mögliche (und vor allem Unmögliche), um diesen Ersatz zu umgehen.
Über die Verschlimmbesserung mittels Push-Pull-Systemen habe ich ja schon beim Eintrag «Miraculix» geschrieben. Und über Gutachter, welche aus mir nicht bekannten Gründen Schmerzen haben, habe ich beim Thema «Phantomschmerzen» geschrieben.
Und nun höre ich von einem neuen Grund, weshalb man die Seitenwand lieber drin lässt, als sie ersetzt: Weil die Vorgabe-Zeit zu knapp ist! Unter dem Titel «Gesundes Gleichgewicht» – die Frage sei erlaubt, was denn da gesund sein soll – lese ich Interessantes:
«Weitaus besser sei die Situation bei Schäden an verschweißten Teilen. Aber nur, wenn die beschädigten Teile nicht gegen Neuteile getauscht, sondern fachgerecht repariert würden. Bei der Instandsetzung nämlich könne er die geleisteten Arbeitsstunden seiner zwölf Mitarbeiter profitabel verrechnen und er liege dann immer noch erheblich unter den kalkulierten Kosten für einen Teiletausch.»
Natürlich wird ein Teil ausgebeult, wenn es fachtechnisch möglich und qualitativ verantwortbar ist. Aber immer mehr Kollegen machen auch das Unmögliche wahr.
Auch sonst lese ich viel Interessantes. Zum Beispiel, dass ein klassischer Frontschaden nicht mehr kostendeckend oder gar gewinnbringend sei. Dies wegen den unrealistisch tiefen Richtzeiten.
Kalkulationswerke sind fehlerbehaftet. Dass die Richtzeitenwerke wie Audatex oder DAT nicht den effektiven Aufwand abbilden, muss doch jedem klar sein. Systematische Fehler kommen vor. Und viele Hersteller veröffentlichen ganz bewusst zu tiefe Zeiten. So schaffen sie in Deutschland eine bessere Kasko-Einstufung und sparen Geld bei Garantiefällen.
Kein System kann perfekt sein. Deshalb heissen die Dinger ja auch Kalkulationshilfen. Die helfen eben nur. Kalkulieren muss ein Fachmann schon noch selber. Und Richtzeiten, die nicht zu realisieren sind, sind halt entsprechend anzupassen.
Wir wollen nicht zu viel. Aber auch nicht zu wenig!