An der After-Work-Party aufgeschnappt:
„Was machst du?" fragt Kevin seinen Nachbarn; „Ich bin Servicetechniker bei einer Tortechnikfirma" antwortet er. „Cool, ich bin Lebensmitteltechnologe bei Nestlé". „Tönt spannend" meint ein Dritter. Er holt aus: „Dank mir können die jährlich rund 80‘000 Zuwanderer behaglich wohnen, ich bin Gebäudetechniker".
Der Vierte in der Runde bleibt ruhig. Erst auf mehrmaliges Nachfragen erklärt er, er sei Spengler, Carrosseriespengler. „Aha", weitere Kommentare oder Fragen folgen nicht.
Der Spengler, auch Klempner genannt, ist die Berufsbezeichnung für einen Handwerker, der Gegenstände aus Metall bearbeitet oder herstellt. Der Spengler verarbeitet Bleche zu Bauteilen im Bauwesen oder Handelswaren. So steht es in Wikipedia.
In der Gründerzeit des Automobils war die Bezeichnung Carrosseriespengler zutreffend: Schliesslich machte er genau das: Er machte die Carrosserie der Autos. Diese bestanden damals aus einem Chassis. Darauf baute der Wagner ein Holzgerüst und der Spengler verblechte es. Später gab es zwei Sorten von Carrosseriespenglern: Fachrichtung Neuanfertigung oder Reparatur. Nachdem der Neuanfertigungsspengler verschwand, reduzierte sich der Begriff auf Carrosseriespengler.
Mit den heutigen Tätigkeiten eines Fachmannes, welcher modernste Automobile nach einem Schaden in Stand setzt, hat der Begriff sehr wenig zu tun. Er ist allenfalls noch für den Oldtimer-Restaurateur zutreffend.
Trotzdem hält die Branche hartnäckig an der doofen Bezeichnung fest. Wieso weiss ich nicht. Man lamentiert über Fachkräftemangel und ignoriert eines der grossen Probleme. Jeder Mensch will Anerkennung. Image ist wichtig und hebt das Selbstwertgefühl. Weshalb sonst schreiben so viele Carrosserieunternehmer auf ihre Visitenkarte Inhaber anstatt Carrosseriespengler? Wo doch Inhaber nicht einmal eine Tätigkeit ist?
Es ist müssig, sich darüber aufzuregen, dass immer mehr studieren und niemand mehr arbeiten will. Denn es ist nicht zielführend. Wenn einer studieren will und kann, werden wir es ihm nicht ausreden können. Es geht darum, dass wir einen Teil derjenigen intelligenten jungen Menschen, welche einen spannenden technischen Beruf lernen wollen, abholen können.
In Österreich heisst der „Spengler" Karosseriebautechniker. In Deutschland Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker. In meinem Betrieb heissen die hochqualifizierten Berufsleute, welche beschädigte Automobile in Stand setzen, seit kurzem Carrosserietechniker. Und so werde ich auch nach neuen Auszubildenden suchen. An den Techdays (www.blechschaden.ch/techdays) werden wir versuchen, auf Lehrbeginn 2016 einen jungen, aufgeweckten Burschen zu finden. Dies ist uns, trotz eines hohen regionalen Bekanntheitsgrades, in den letzten Jahren leider nicht mehr gelungen. Nomen est Omen. Schön wäre, wenn der Beruf generell einen Namen erhalten würde, welcher einerseits der heutigen Tätigkeit mehr entspricht und andererseits für die jungen Leute attraktiv wirkt. Carrosserietechniker ist eine Variante, Carrosserietechnologe eine andere. Es gibt sicher noch weitere Möglichkeiten.