Ich führte kürzlich ein interessantes Gespräch über Stundenverrechnungssätze.
Wir diskutierten über die Tatsache, dass es Reparaturbetriebe gibt, welche der Versicherung A bis zu 70 Franken mehr verrechnen als der Versicherung B.
Der Unterschied ist, dass der Reparaturbetrieb mit der Versicherung B einen Vertrag hat, mit der Versicherung A nicht.
„Ist denn das rechtens?", fragt mich mein Gegenüber, ein Branchenkundiger mit gesundem Denkvermögen. „Gute Frage", antwortete ich. Auch andere Branchen kennen eine individuelle Preisgestaltung. Doch der Unterschied ist in der Tat krass.
Der günstigere Ansatz kommt nicht etwa wegen einer „Frühbuchung", wie wir das in der Hotellerie oder im Luftverkehr kennen. Er begründet sich auch nicht in einer eingeschränkten Leistung oder minderer Qualität. Im Gegenteil: Gleichzeitig mit dem tieferen Ansatz verpflichtet sich der Betrieb, diese Aufträge prioritär zu behandeln. Auch diverse Gratisleistungen sind noch im tieferen Ansatz enthalten. Das gibt’s nur bei uns: Der, der weniger zahlt, bekommt mehr.
Mittlerweile gibt es Versicherungen, selbstredend solche, welche zur Kategorie A gehören, die sich an dem Ganzen stören. Denn dass sie mit ihrer Grosszügigkeit die Konkurrenz sponsern, finden sie uncool.
Doch was könnten diese «geprellten» Versicherungen tun?
a) Die Rechnungen derjenigen Betriebe mit eklatanten Differenzen im Verrechnungssatz zwischen Versicherung A und B entsprechend kürzen
b) Auch eigene Vertragsbetriebe suchen, die günstiger arbeiten
Mir persönlich wäre natürlich a) um Welten sympathischer. Denn die ganze Schadensteuerung funktioniert nur auf dem Prinzip Umverteilung.
Möglich wäre auch noch c): Die Versicherungen betreiben eigene Werkstätten. Doch diese Rechnung ginge natürlich nicht auf. Denn in diesen Betrieben würden ja die Sponsoren fehlen, welche den tiefen Verrechnungssatz erst ermöglichen. Schade. Mir wäre das sympathisch. Dann würde auch der Wettbewerb nicht mehr verzerrt.
Aus der Sicht des Reparaturunternehmens scheint mir ein solches Pricing schon sehr speziell. Es ist verpönt, bei einem Selbstzahler einen anderen Verrechnungssatz anzuwenden als bei einem Auftrag, bei dem eine Versicherung leistungspflichtig ist. Eigentlich unlogisch, denn der administrative Aufwand bei einem Auftrag mit Drittleistung ist viel höher. Zudem ist es oft sehr zeitraubend, den korrekten Aufwand auch durchzusetzen. Weiter kommen bei gewissen Versicherungen Kürzungen vor, meistens mit banalen Bemerkungen, die Position sei „nicht ausgewiesen" usw.
Aber der einen Versicherung darf man 47% mehr verlangen als der anderen. Wenn ich in meinem Unternehmen so handeln würde, müsste ich zuerst die Spiegel im Badezimmer mit schwarzer Folie abkleben.