Murks - Christoph Flückiger's Blog - Christoph Flückiger

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Murks

Herausgegeben von in Meinung ·

Mein Blog wird tatsächlich gelesen. Das freut mich natürlich. Inzwischen habe ich hier mehr Zugriffe als auf meiner Firmenwebseite. Und immer wieder erhalte ich auch das eine oder andere Feedback. Längst wird der Blog nicht mehr nur von Kollegen, sondern auch von anverwandten Branchenvertretern gelesen.

Von Versicherungsleuten höre ich ab und zu den leisen Vorwurf, ich schiesse gegen sie. Was ich natürlich immer vehement in Abrede stelle. Denn meistens schiesse ich nicht gegen die Versicherungswirtschaft in corpore, sondern vielmehr gegen einzelne Gesellschaften respektive bestimmte Praktiken. Wobei ich eigentlich auch nie schiesse (das letzte Mal schoss ich im Militär anlässlich des WK‘s), sondern gewisse Methoden hinterfrage und gegebenenfalls konstruktiv und möglichst objektiv kritisiere.

Auch nach meinem letzten Eintrag sprach mich ein Versicherungsmann an: „Also das kannst du doch nun wirklich nicht sagen, dass Versicherungsgesellschaften das Instandsetzungsgewerbe hinuntermurksen".

Doch, kann ich. Natürlich nicht alle Gesellschaften. Aber kaum hatte ich meinen Blog geschrieben, erlebte ich in meinem Betrieb einen besonders verzwickten Fall.

Wir hatten einen quasi neuen, an der Seitenwand beschädigten Passat Kombi zur Instandsetzung. Auf den ersten Blick ein klarer Fall zum Instandsetzen mittels Push-Pull-Technik. Auf den zweiten Blick ein glasklarer Fall zum Instandsetzen mittels Ersatz: Die Klebenaht im Bereich des Radlaufes war auf rund 70 – 80 Prozent der Fläche nicht mehr kraftschlüssig.

Nein, das gehe gar nicht. Nie und nimmer könne er den Ersatz bewilligen, meinte der Mitarbeiter der Versicherung. Wir zogen alle Register: Technische Erläuterungen, geschliffene Rhetorik, wohlwollendes Zureden. Nein. Sein Chef reisse ihm den Grind ab, wenn er wegen dieser Beschädigung eine neue Seitenwand bewillige. Also verlangten wir nach dem Chef. Wir schickten Unterlagen und redeten, kamen aber auch nicht weiter. Wir insistierten, er solle sich doch das selbst ansehen. Aber er hatte erst ein paar Tage später Zeit. Unser Kunde wollte in die Ferien und wir wollten unseren Ersatzwagen endlich wieder für einen neuen Auftrag einsetzen. Wir liessen auf unsere Kosten ein neutrales Gutachten machen. Dieses kam zum exakt gleichen Schluss: Ohne Ersatz ist die Festigkeit nicht mehr gegeben, es kann zu Knack- und Quietschgeräuschen kommen, und nach spätestens 5 Jahren haben wir ein veritables Korrosionsproblem im Schadenbereich.

Die neue Seitenwand stand schon längst bereit, doch wir warteten freundlicherweise dann noch den Besuch des Chefs ab. Er tastete die Schadstelle nach unserer Instruktion ab (weil man eben auf dem Bild das Problem gar nicht sehen konnte) und kam dann zum selben Schluss: Ohne Ausbau klebt die Seitenwand nie mehr am Radkasten. Aber ihm tue sein Spenglerherz weh. Ich kalauerte: „Hand auf’s Herz, Ihnen tut Ihr Versicherungsherz weh – wegen der Kosten notabene – das Spenglerherz müsste sich ja ob der schönen Arbeit freuen!"

Wie wir von Anfang an gesagt haben: Eine perfekte Instandsetzung nach Herstellervorschrift geht nur mit Ersatz (siehe auch Blog „Hü und hott").

Die betreffende Versicherung versucht mit viel Druck, Schäden möglichst in eigene Vertragsbetreibe zu lenken (und nein, sie kommt nicht am Schluss des Alphabets).

Wie werden wohl Vertragsbetriebe der Versicherung solche Fälle behandeln? Ein neutraler, unabhängiger Fachmann meinte zu dieser Frage: „Weisst du, in 99 von 100 Fällen kuscht der Reparaturbetrieb und macht es so, wie ihm von der Versicherung befohlen wird."

Ich hoffe und glaube, dass er mit dieser pessimistischen Einschätzung doch etwas hoch gegriffen hat.




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